Die Gewaltfreie oder auch achtsame, mitfühlende Kommunikation mit Kindern ist mir ein besonderes Anliegen. Es beginnt damit, dass wir uns Gedanken darüber machen, was wir mit unserem Status als Erwachsener verbinden und wie wir den Status "Kind" sehen. Denn als Erwachsene haben wir Macht, wir haben Autorität. Die Frage ist, wie wir diese Macht einsetzen. Setzen wir diese Macht über Kinder ein oder setzen wir unsere Macht mit Kindern ein. Setzen wir Macht oder Gewalt ein um Kinder zu bestrafen (Strafende Anwendung von Macht) oder um Kinder zu beschützen (Schützende Anwendung von Macht). Der Unterschied dieser beiden Arten von Macht liegt im Denken der Person, die diese Macht einsetzt und in der Absicht, die die Person verfolgt, wenn sie ihre Macht einsetzt.
In unserer Kultur gilt die verbreitete Meinung, dass es unsere Aufgabe als Eltern ist, Kindern Benehmen beizubringen. Die Eltern haben die Autorität inne und möchten, dass das Kind sich in einer ganz bestimmten Weise verhält. Wenn es mein vorrangiges Ziel ist, dass sich ein Kind auf eine bestimmte Art und Weise verhält, löst das Widerstand beim Kind aus. Unser Bedürfnis, unsere Autonomie zu schützen ist so groß, dass es bei uns Widerstand mobilisiert, wenn jemand seine eigenen Absichten durchsetzen möchte oder so handelt, als wüsste er, was das Beste für uns ist. Wenn wir Menschen dazu bringen wollen, sich so zu verhalten, wie wir das möchten, setzen wir unsere Macht über Menschen ein.
Die gängigsten Mittel, um Kinder dazu zu bringen, sich so zu verhalten, wie wir das möchten sind Bestrafung (weil du das getan hast, verdienst du…) und Belohnung (wenn du dein Zimmer aufräumst, kriegst du von mir…). Oder wir machen dem Kind Schuldgefühle (die Mama ist traurig, weil du dein Zimmer nicht aufräumst) oder wir bringen das Kind dazu sich zu schämen (du bist faul, unzuverlässig, dumm…). Da das Kind nicht bestraft werden möchte, da es die Belohnung erhalten möchte, da es sich nicht schuldig fühlen oder schämen möchte, tut es das, was wir wollen. Es tut das nicht freiwillig und von innen heraus, sondern unter Zwang und Angst
In der Gewaltfreien Kommunikation ist es nicht unser Ziel, das Verhalten des Kindes zu ändern, das Kind unseren Wünschen anzupassen. Unser Ziel ist es die Qualität von Verbindung zu erreichen, also eine emphatische Verbindung, bei der die Bedürfnisse aller gleich wichtig sind und gleichermaßen zufrieden gestellt werden. Wir möchten, dass das Kind Dinge tut, weil es gerne das Leben anderer Menschen bereichern möchte, weil es diese Dinge tun möchte, weil ihm Geben von Herzen Freude bereitet. Aber Menschen, nicht nur Kinder, können diese Freiwilligkeit nur von sich aus geben, wenn sie darauf vertrauen können, dass sie nicht gezwungen werden, wenn sie darauf vertrauen können, dass sie Nein sagen dürfen, wenn sie darauf vertrauen können, dass sie bedingungslos geliebt werden, egal wie sie sich verhalten.
Dazu brauchen wir als Erwachsene die Fähigkeit, Kindern zu sagen, ob das, was sie machen mit unseren Bedürfnissen harmoniert oder ob es ihnen entgegensteht (Ich bekomme Angst, wenn ich sehe, wie du deinen Bruder schlägst, weil es mir wichtig ist, dass sich in unserer Familie alle sicher fühlen können). Wir sagen den Kindern das auf eine Art, die weder Angst noch Schuld- oder Schamgefühle, noch Widerstand oder Rückzug auslöst. Zudem brauchen wir als Erwachsene die Fähigkeit, Kindern zuzuhören, wenn sie in Not sind (Das hört sich so an, als wärst du richtig traurig, weil du gerne Spaß mit deinen Freunden erleben möchtest). Wir möchten unsere Macht mit Menschen einsetzen, im Sinne einer Kooperation, einer Beziehung auf Augenhöhe.
Erziehung durch Aufbau einer Beziehung:
Vorbild sein: Was ich tue beeinflusst das Kind weit mehr als das, was ich sage. Kinder lernen durch Nachahmung.
Aufrichtigkeit: Als Erwachsener aufrichtig ausdrücken, wie es mir geht, was ich beobachte, fühle, brauche und erbitte. Ich gebe dem Kind Feedback, was sein Verhalten bei mir auslöst, inwiefern sein Verhalten meine Bedürfnisse erfüllt oder nicht erfüllt.
Emphatisch zuhören:
Als Erwachsener höre ich dem Kind zu und vermute die Gefühle und Bedürfnisse, die hinter seinem Verhalten liegen und frage emphatisch nach.
Wertschätzung ausdrücken:
Ich sage dem Kind was sein Verhalten bei mir bewirkt, welche Gefühle es auslöst und welche Bedürfnisse sich durch das Handeln des Kindes bei mir erfüllen.
Gefühle ausdrücken:
Ich sende eine mitunter auch lautstarke Ich-Botschaft und sage, wie es mir geht und/oder was ich brauche.
Einsatz schützender "Gewalt":
In Situationen, in denen das Kind oder andere Kinder oder Dinge in Gefahr sind, setze ich körperliche Gewalt ein, um mein Bedürfnis nach Schutz zu erfüllen.
Macht im Zusammenhang mit Kindern:
Ich stelle mich mit dem Kind auf menschlicher Ebene auf gleiche Augenhöhe und strebe Kooperation an, beziehe das Kind mit ein, treffe Absprachen.
Feiern und Bedauern:
Ich teile mit dem Kind, was mein Leben bereichert, wenn Bedürfnisse erfüllt sind und wenn ich etwas bedaure und Bedürfnisse nicht erfüllt worden sind.